Rotlichtverstoß im Bußgeldverfahren von Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart

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Rotlichtverstoß im Bußgeldverfahren: Fachanwalt Verkehrsrecht Tilo Neuner-Jehle

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert über

 

Rotlichtverstoß im Bußgeldverfahren

Rotlichtverstoß im Bußgeldverfahren

Verstoß:

Missachten eines roten Haltesignales

Punkte

Bußgeld

Fahrverbot

Rotes Wechsellichtzeichen oder rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt

1
2 mit Gefährdung
2 mit Sachbeschädigung

90.-
200.-
240.-

nein
1 Monat
1 Monat

bei schon länger als 1 Sekunde andauernder Rotphase

2
2 mit Gefährdung
2 mit Sachbeschädigung

   

 

Verteidigung bei Rotlichtverstoß im Straßenverkehr

 

Die nachfolgende Prüfung hat der Verteidiger bei einem Rotlichtverstoß vorzunehmen:

 

Allgemeine Prüfung:

- Lag überhaupt ein Rotlichtverstoß vor ?

- Ist in den geschützten Bereich eingefahren worden ?

- War die Gelbphase event. nicht lange genug ?

- Liegen Besonderheiten vor die den Verstoß rechtfertigen ?

- Welche Strafe droht ? Flensburger Punkte schon vorhanden?

 

Überprüfung des Richterurteils

- Sind allg. Feststellungen getroffen worden  (Tatort, Tatzeit,

  Fahrer, ...) ?

- Verstoß gegeben ? Fahren über Haltelinie oder in den ge-

  schützten Bereich ?

- Art der Feststellung (Kamera, Polizisten) ?

- Bei Einsekundenverstößen, Polizeibeobachtung:

  Vorhandensein einer Haltelinie, Abstand des Betroffenen

  zur Haltelinie oder zur Ampel, Gesschwindigkeit, Art der

  Überwachung (gezielt ?), Dauer der Rotlichtphase,

  Beobachtungsposition des Polizeibeamten ?

 

Verteidigung bei Fahrverbotsfällen:

- Keine ausreichende Ein-Sekunden-Messung ?

- Fehlende abstrakte Gefährdung ?

- Augenblicksversagen ?

- Notstandsähnliche Situation ?

- Irrtümer ?

Begriff des Rotlichtverstoßes

Ein Rotlichtverstoß bedeutet das Nichtanhalten vor der Kreuzung trotz Rotlichts der Lichtzeichenanlage.  Wenn der Kraftfahrer also das Rotlicht der Ampel missachtet und in derren Schutzbereich einfährt, verwirklicht somit die Rotlichtfahrt.

Hieraus ergibt sich aber auch, dass kein Rotlichtverstoß vorliegt, wenn zwar das Rotlicht missachtet wurde, aber der Schutzbereich der Ampelanlage (meist Kreuzungsbereich) nicht betroffen wurde (BGHSt 43, 285 = NJW 1998, 617).

Das Nichtbeachten der Rotlichtampel ist wegen der damit verbundenen Gefahren als objektiv grob fahrlässig anzusehen. Anderes kann nur gelten, wenn z.B. die Ampelanlage, oder das rote Signallicht nur schwer zu erkennen waren (BGH NJW 2014, 3234).

Ein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn der Betroffene mit seinem Fahrzeugbei Beginn des Rotlichts in den hinter der Ampel liegenden Verkehrsraum einfährt.

Ein Fahrverbot wird allerdings derzeit erst bei einer Rotlichtfahrt ab 1 Sek. verhängt.

 

Der Gesetzgeber hat die Rotlichtfahrt mit der Verhängung eines Fahrverbotes verschärft mit der Begründung, dass wenn subjektiv eine besonders grobe Nachlässigkeit vorliegt. Dies ist alledings bei den sog. atypischen Rotlichtfahrten nicht immer der Fall.

Wird die Ampel verwechselt

      OLG Düsseldorf DAR 1993, 271,

      OLG Hamm 1996, 69;

      OLG Karlsruhe 1996, 367;

      OLG Stuttgart DAR 1999, 88

 

bei Ablenken durch Adressensuche

      OLG Koblenz DAR 1994, 287

 

bei Frühstart

      OLG Köln NZV 1994, 330

      OLG Oldenburg NZV 1994, 38

 

bei leichten Unaufmerksamkeiten, z.B. Anhalteprobleme bei Glatteis

      OLG Düsseldorf zfs 1996, 113

      OLG Karlsruhe zfs 1996, 153

      OLG Düsseldorf zfs 1994, 148

      OLG Dresden DAR 1998, 280

 

Immer jedoch darf dann aber auch keine Gefährdung Dritter hinzukommen.

Kein Rotlichtverstoß

Ein Rotlichtverstoß liegt nicht vor, wenn die Rotlichtampel umfahren wird, z.B. durch Ausweichen über ein Tankstellengelände, einer Grünfläche oder auch eines Fußweges.

Allerdings kommt es hier immer darauf an ob der geschützte Kreuzungsbereich dadurch berührt wurde oder nicht. Meist jedoch fehlt es hieran.

Ein Rotlichtverstoß liegt meist aber auch dann nicht vor, wenn der Betroffene bei für ihn Grün anzeigender Ampel in den Kreuzungsbereich einfährt und dort einen zulässigen Spurwechsel vornimmt, diese Fahrspur jedoch durch eine gesonderte Ampel Rot anzeigt (z.B. auch KG NZV 2010, 361).

Abzustellen ist bei einem Umfahren des Rotlichts aber immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls.

Bedeutung der Gelbphase bei Rotlichtverstoß

Eine besondere Bedeutung beim Vorwurf der Rotlichtfahrt kommt der Gelblängenphase der Ampel zu.

Ein Rotlichtverstoß ist dem Betroffenen nur dann vorzuwerfen, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt im Straßenverkehr hätte anhalten können. Hierfür jedoch ist der Gelbphasenplan der Ampel von besonderer Bedeutung !

Ein Kraftfahrer darf sich beim Umschalten von Gelb auf Rot auf die üblichen Umschaltphasen verlassen (OLG Bremen, NZV 1990, 482).

 

Die "übliche Gelbdauer" ist wie folgt:

- bis 50 km/h = 3 Sekunden

- bis 60 km/h = 4 Sekunden

- bis 70 km/h = 5 Sekunden

 

Der Betroffene darf darauf vertrauen, dass die Gelblichtphasen im obigen Umfang an den Ampelanlagen eingestellt sind und ist dann nur im Rahmen eines "Ein-Sekunden-Verstoßes" wegen einfacher Rotlichtfahrt zu verurteilen (OLG Braunschweig NZV 2006, 219).

Der einfache Rotlichtverstoß

Beim einfachen Rotlichtverstoß ist vom Gericht festzustellen, wo sich der Betroffene zur Zeit der Umschaltung auf Rotlicht befunden hat und (bei Verstößen außerorts) ob er unter Berücksichtigung der zulässigen Geschwindigkeit und der Dauer der Gelbphase nocht gefahrlos halten konnte (OLG Karlsruhe NZV 2009, 201). Bei Verstößen innerorts werden solche Feststellungen zu Geschwindigkeit und Gelbphasenlänge nicht mehr im Urteil verlangt, da die Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei einer Gelbphase von 3 Sekunden ein gefahrloses Halten üblicherweise möglich ist (OLG Hamburg DAR 1995, 500 = VersR 1996, 1034).

Der qualifizierte Rotlichtverstoß

Wird ein sog. qualifizierter Rotlichtverstoß zugrunde gelegt, so hat das Gericht noch weitere Feststelungen zu treffen: zum Geschehen selbst, zu den örtlichen Rahmenbedingungen.  Für die Berechnung der Rotlichtzeit von mehr als einer Sekunde ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der Betroffene mit seinem Fahrzeug die Haltelinie passiert (BGHSt 45, 134 = NJW 1999, 2978). Nur in Ausnahmefällen reicht die Feststellung aus, das Fahrzeug sei in den gesicherten Bereich der Kreuzung eingefahren (BGHSt 45, 134 = NJW 1999, 2978; OLG Hamm NStZ-RR 1996, 216).

Atypische Rotlichtverstöße:

Atypische Rotlichtverstöße:

Bei einem sog. atypischen Rotlichtverstoß kann zumindest das Fahrverbot durch entsprechende Argumentation in Wegfall geraten. In nachfolgenden Entscheidungen ist das Fahrverbot weggefallen:

 

  • Der Fahrer hält an der Fußgängerampel an, lässt Fußgänger passieren und fährt dann aber bei Rot weiter (OLG Karlsruhe NZV 1996, 372; OLG Düsseldorf VRS 90, 226)
  • Das Rotlicht wird infolge eines Wahrnehmungsfehlers überfahren (OLG Stuttgart NStZ-RR 200, 279)
  • Wenn es hinter der Fußgängerampel wegen eines Fehlverhaltens eines Dritten zu einem Unfall kommt, jedoch stets ausgeschlossen war, dass Fußgänger im Bereich der Ampel gefährdet wurden (OLG Karlsruhe VRS 100, 464).
  • Mitzieheffekt an der Ampel. Wenn der Autofahrer als Linksabbieger bei Rot anhält, bei Umschalten für die Fahrtrichtung geradeaus in die Kreuzung einfährt und in der Mitte der Kreuzung anhält, um den Gegenverkehr passieren zu lassen (KG VRS 101, 301).

Absehen vom Fahrverbote beim qualifizierten Rotlichtverstoß

Absehen vom Fahrverbote beim qualifizierten Rotlichtverstoß

Kammergericht Urt.v. 22.11.2018, -3 Ws (B) 274/18-

Hier wurde über den sogenannten Mitzieheffekt entschieden, d.h. der Vater der Grünlicht Ampel fährt los und der Betroffene bei für ihn geltendem Rotlicht ebenfalls, wodurch sich eine Rotlichtfahrt von über 1 Sekunde ergibt.

Das Kammergericht geht jedoch davon aus, dass ein sogenannter mit Zieheffekt den Fahrlässigkeitsvorwurf beim Rotlichtverstoß nur dann verringern kann, wenn der Betroffene zunächst rechts treu der Ampelanlage anhält, dann aber, z.B. veranlasst durch das anfahren anderer Verkehrsteilnehmer, unter Nichtachtung des Rotlichts losfährt (Sog-Wirkung).  Im Falle also ein Betroffener zunächst bei für ihn geltendem Rotlicht an der Ampel anhält und dann bei Rotlicht losfährt, weil das Fahrzeug neben ihm ebenfalls losfährt, kann mit hinreichender Erfolgsaussicht vom Fahrverbot wegkommen.

Messverfahren bei Rotlichtverstoß

Bei den zugelassenen "Rotlichtkameras" handelt es sich um sog. standardiserte Messverfahren, d.h. in einem Urteil muss der Tatrichter lediglich das Messverfahren und eventuell einen zu berücksichtigenden Toleranzwert angeben. Nur, falls Besonderheiten vorliegen, muss auf einen Sachverständigen zur Überprüfung zur Messung zurückgegriffen werden.

Im Rahmen einer Verteidigung muss der Anwalt sodann die Gültigkeit der Eichung des Messgerätes überprüfen u7nd die Messung selbst, ggf. unter Zuhilfenahme der Bedienungsanleitung, welche über die Behörde angefordert werden kann.

Regelmässig wird in derartigen Fällen jedoch auf einen spezialisierten Sachverständigen zurückgegriffen werden müssen, wofür eine vorhandene Rechtschutzversicherung grundsätzlich die Kosten zu übernehmen hat.

Das Überfahren der Haltelinie wird fotografisch nicht festgehalten, sondern aus Geschwindigkeit und Messort des Fahrzeuges berechnet (s. Löhle/Beck DAR 2000, 1). Bei dieser Berechnung ist zugunsten des Betroffenen von dem gemessenen Wert die Zeit abzuziehen, die benötigt wird, um die Strecke von der Haltelinie bis zum Punkt der Induktionsschleife (Messort) zurückzulegen (OLG Köln NZV 1998, 472).

Zum Nachweis eines qualifizierten Rotlichtverstoßes

AG Dortmund, Urteil vom 08.10.2018 -729 OWi-252 Js 1513/18-250/18, Verkehrsanwalt 2019, 40

Kann sich der Polizeibeamte an einen von den Betroffenen eingeräumten Rotlichtverstoßes nicht wirklich erinnern und findet sich in der Akte keine weitere Schilderung des Vorfalls durch den Polizeibeamten, so kann die 1-Sekunden-Zeit für einen sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoßes nicht allein daraus entnommen werden, dass in der Vorwurfsschilderung für deren Richtigkeit der Zeuge die Verantwortung übernimmt, die Tatbestandsnummer(…) Eingetragen und die stichwortartige Konkretisierung:.

Beobachtung des Rotlichtverstoßes durch Polizeibeamten

Rotlichtverstoß durch Beobachten durch Polizeibeamten

 

Wird ein Rotlichtverstoß durch Polizeibeamten persönlich vorgenommen, wird die Rotlichtzeit regelmässig durch einfaches zählen "21 ... 22 ... 23" vorgenommen.

Für einen einfachen Rotlichtverstoß (also unter 1 Sekunde und ohne Fahrverbot) genügt dies regelmässig (OLG Hamm NStZ-RR 1996, 216;  zur Messung mit geeichter Stoppuhr s. KG NZV 2002, 334).

Wird jedoch nur bis "21 ... 22" gezählt, so müssen weitere Umstände festgestellt werden, die die Richtigkeit der Messung belegen (OLG Brandenburg DAR 1999, 512; großzügiger OLG Hamm NStZ 2009, 712 = NZV 2010, 44).

Bei einem zufällig beobachteten Rotlichtverstoß reicht jedoch "21 ... 22" nicht aus (OLG Hamm 2001, 177). Die bloß gefühlsmässig geschätzte Zeit reicht ebenfalls nicht aus (AG Lüdinghausen NZV 2015, 255).

In den Fällen der Beobachtung durch die Polizei ist vom Gericht oder den Verteidigern die Beobachtungssituation (gezielte Beobachtung / spontane Beobachtung) zu ermitteln.

Im Urteil muss der Tatrichter bei Verurteilung wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (mehr als 1 Sek. Rotlichtfahrt und Fahrverbot) durch Polizeibeobachtung Aussagen treffen zu (OLG Hamm NZV 2008, 309):

- Vorhandensein einer Haltelinie

- Abstand des Betroffenen zur Haltelinie oder zur Licht-

  zeichenanlage,

- Geschwindigkeit

- Art der Überwachung (gezielt ?)

- Dauer der Gelblichtphase

- Beobachtungsposition des Polizeibeamten

Rotlichtmessung durch Stoppuhr

KG Urt.v. 21.03.18 -3 Ws (B) 91/18- Verkehrsrecht aktuell 2018, 159

Bei einem Rotlichtverstoß durch Polizeibeamten mit geeichter Stoppuhr ist die Beweisführung des Amtsgerichts lückenhaft, wenn es den von den Polizeibeamten mitgeteilten Rotlichtverstoß von 1,5 Sek. einfach übernimmt.

Der erforderliche Toleranzabzug bestimmt sich nach der obergerichtlichen Rspr. bei Messung mit einer geeichten Stoppuhr einerseits durch den Ausgleich einer eventuellen Reaktionsverzögerung bei der Bedienung der Stoppuhr. Dieser ist mit 0,3 Sekunden zu veranschlagen. Andererseits ist eine etwaige Gangungenauigkeit der Stoppuhr auszugleichen (sog. Verkehrsfehlergrenze, vgl. KG NZV 08, 587). Hier hätte das Amtsgericht damit den kleinsten Skalenwert bzw. den kleinsten Ziffernschritt der verwendeten Stoppuhr ermitteln müssen.

Ferner ist zu ermitteln, ob und ggf. wie die Polizei gerundet hat. Gerade wenn die Stoppuhr kleine Ziffernschritte hat, legt der glazze Wert von 1,5 Sekunden nahe, dass auf- oder abgerundet wurde. Dies müsste ggf. in die Berechnung der Rotlichzeit einfließen.

 

Anm.:

Gerade hier kann es wegen eines Fahrverbotes ab 1,0 Sekunden Rotlichtfahrt auf die genaue Berechnung der Rotlichtzeit ankommen !

Rotlichtverstoß und Fahrverbot

Bei einem Rotlichtverstoß ab 1 Sek. Rotlichtfahrt kommt es zwingend zur Verhängung eines 1-monatigen Fahrverbotes.

Es ist hier zu prüfen, inwieweit Besonderheiten vorliegen, die eine Ausnahmesituation zeigen, sodass vom Fahrverbot abgesehen werden kann, dessen Sinn und Zweck eine Denkzettelfunktion hat und eine Besinnungsstrafe sein soll.

Der Umstand, dass der Betroffene zunächst das Rotlicht beachtet hat, reicht dafür jedoch nicht aus (OLG Köln Beschl. v. 04.03.2011 -1 RBs 42/11- = BeckRS 2011, 05163).

 

Kann es allerdings am "Tatort" weder zu einer Gefährdung des Querverkehrs oder Fußgängern von vornherein nicht kommen, ist ein Fahrverbot nicht auszusprechen (KG NZV 2010, 361)

Kommt es aber dennoch an einer solchen Stelle zu einem Verkehrsunfall, so kann i.d.R. ein Fahrverbot dennoch nicht ausgesprochen werden. Hier soll es nämlich auf die Frage ankommen, ob das Rotlicht genau denjenigen schützen sollte, die nach dem Rotlichtverstoß von dem Betroffenen geschädigt wurden (OLG Koblenz NZV 2007, 589).

Dasselbe gilt dann auch bei Mitverschulden des anderen Verkehrsteilnehmers.Nach dem OLG Celle (NZV 2012, 403) muss das Mitverschulden relevant sein.

 

Auch bei bloßer momentaner Unaufmerksamkeit kann ein Rotlichtverstoß nicht einfach als grob pflichtwidrig angesehen werden. Dies gilt dann, wenn der Betroffene die Rotlichtampel infolge einer momentanen Unaufmerksamkeit nicht gesehen hat und ihm insoweit allenfalls leichte Fahrlässigkeit zurt Last gelegt werden kann und keine anderen Umstände vorliegen aufgrund derer sich die Ampel mit Rotlicht dem Betroffenen aufdrängen musste.

Allerdings darf eine Lichtzeichenanlage grundsätzlich nicht gänzlich übersehen werden (OLG Hamm 2007, 259), vor allem aber nicht innerorts, da hier stets von einem erhöhten Verkehrsuafkommen auszugehen ist (BayObLGSt 1996, 3 = DAR 1996, 103).

Augensblicksversagen ist jedoch denkbar in Form des "Mitzieheffekts" (vgl. etwa OLG Hamm, NZV 1995, 82) oder in Frühstartfällen (OLG Karlsruhe NJW 2003, 3719 f).

Urteile zum Rotlichtverstoß

Rotlichtverstoß durch Fahrstreifenwechsel nach Überfahren der Haltelinie

OLG Köln, Beschl.v. 07.08.2015 -III-1 RBs 250/15- zfs. 2016,229

  1. Das Absehen von der Verlesung bzw. Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts des Bußgeldbescheids ist in einfach gelagerten Fällen nicht zu beanstanden. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Mitteilung des Verfahrensgegenstandes dürfte in aller Regel durch den Inhalt der Verhandlung gewährleistet sein.
  2. Derjenige, der bei einer Fahrbahn mit mehreren durch Richtungspfeile gekennzeichneten Spuren mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grümlich freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach Überfahren der Haltelinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt,  begeht jedenfalls dann einen Rotlichtverstoß und nicht nur eine Zuwiderhandlung gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung, wenn er den Spurwechsel von vornherein zum Zwecke des Umfahrens des Rotlichts beabsichtigt hat. Dabei kommt es für das Vorliegen eines Rotlichtverstoßes nicht darauf an, ob der Entschluss zum Fahrstreifenwechsel vor oder erst nach dem Passieren der Haltelinie gefasst wurde.

Anforderung zur Feststellung eines Rotlichtverstoßes

AG Lüdinghausen Urt.v. 22.09.14 -10 OWi - 89 Js 1024/14-97/14-

Der Verkehrsanwalt 2015, 66 ff

Zwar sind an die Feststellungen von sogenannten qualifizierten Rotlichtverstößen durch Polizeibeamte gerade bei längeren Beobachtungszeiten nicht zu hohe Anforderungen zu stellen und insbesondere keine echten Messungen zu verlangen - bei einer nicht gezielten Feststellung eines Rotlichtverstoßes muss das Gericht aber weitere Indizien feststellen können, anhand derer sich die Schätzung der bereits verstrichenen Rotlichtzeit zur Zeit des Verstoßes abschätzen oder zumindest plausibel abgleichen lässt.  Denkbar sind hier etwa feststellbare Tatsachen, die nachträgliche Weg-Zeit- (Plausibitilitäts-) Berechnungen ermöglichen.

In diesem Fall war sich der Polizeibeamte sicher, eine länger als 1 Sek. dauernde Rotlichtfahrt beobachtet zu haben. Er räumt jedoch ein, keine Zeitmessung vorgenommen zu haben. Er habe weder eine Zählung vorgenommen, noch auf seine Uhr geschaut. WEeitere Umstände, die den Schluss auf die Rotlichtdauer zugelassen hätten, konnte er nicht benennen - solche Umstände waren auch sonst nicht erkennbar.

Das Gericht konnte daher lediglich einen Rotlichverstoß zugrunde legen, jedoch nicht über eine Sekunde, weswegen ein Fahrverbot nicht ausgesprochen werden konnte.

Rotlichtverstoß mit Drucksensorenmessungen

 

OLG Karlsruhe NZV 2009, 201:

standardisiertes Messverfahren; Darstellung verlangt Benennung des Toleranzabzuges und der Wiedergabe von Abstands- und Messpunkten und gemessenen Einzelwerten, damit Brechnung der tats. Rotlichtüberschreitung nachvollziehbar wird.

 

a.A.:

OLG Frankfurt NZV 2008, 588

erforderlich sind im Urteil nur die Angaben, dass im standardisierten stationären Messverfahren gemessen wurde zzgl. Nettorotlichtzeit, zzgl. Übrfahren der Fluchtlinie; Toleranz ist nicht anzugeben, selbst wenn bei 0,4 sec Abzug 1 sec nicht unterschritten würde.

 

OLG Karlsruhe erscheint überzeugender !

Nichttechnische Rotlichtmessung

OLG Hamm NZV 2008, 309

Bei nichttechnischer Messung muss das Urteil nähere Ausführungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes machen; u.a. darlegen, ob zufällige oder gezielte Überwachung

Kein qualifizierter Rotlichtverstoß bei zu kurzer Gelbphase einer Ampelanlage

OLG Braunschweig Beschl. v. 21.10.05 zfs 2006, 229

  1. Die Gelbphase einer Ampelanlage muss nach Nr. IX der Verwaltungsvorschriften zu § 37 StVO bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h 4 sec. umfassen.
  2. Diese Verwaltungsvorschriften haben für die Gerichte mittelbare Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer.
Messtoleranz beim Rotlichtverstoß ?

OLG Braunschweig Beschl. v. 02.08.06 NJW 2007, 391

Ob bei einer Rotlichtverstoß-Messung mittels automatischer Überwachungsanlage eine Messtoleranz zu berücksichtigen ist, hängt vom jeweils verwendeten Gerät ab.

Keine Toleranzen bei:    

MULTANOVA MultaStar RLP ab 2004 :                     

MULTANOVA Multastar C kombiniert mit Geschwindigkeits-messung

TC RG 1 kombiniert mit Geschwindigkeitsmessung DiVAR

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