Abstandsverstoß im Bußgeldrecht von Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart

 

Telefonische Sofortauskunft:

 

0711 – 820 340 - 0

 

Abstandsverstoß im Bußgeldrecht - Tilo Neuner-jehle Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert zum

 

Abstandsverstoß im Bußgeldrecht

Der Abstandsverstoß im Bußgeldrecht

Bußgelder bei einem Abstandverstoß

Verstoß: Abstand nicht eingehalten

Bußgeld (€)

Punkte

Fahrverbot

bis 80 km/h

-

-

-

mehr als 80 km/h

     

weniger als 5/10 halbe
Tachowert

75.-

1

-

weniger als 4/10 halbe Tachowert

100.-

1

-

weniger als 3/10 halbe
Tachowert

160.-

1, 2 bei Tempo mehr als 100 km/h

1 Monat bei Tempo mehr
als 100 km/h

weniger als 2/10 halben
Tachowert

240.-

1, 2 bei Tempo mehr als 100 km/h

2 Monate bei Tempo mehr
als 100 km/h

weniger als 1/10 halben
Tachowert

320.-

1, 2 bei Tempo mehr als 100 km/h

3 Monate bei Tempo mehr
als 100 km/h

mehr als 130 km/h

     

weniger
als 5/10 des halben Tachowertes

100.-

1

-

weniger als 4/10 des halben
Tachowertes

180.-

1

-

weniger als 3/10 des halben
Tachowertes

240.-

2

1 Monat

weniger als 2/10 des halben
Tachowertes

320.-

2

2 Monate

weniger als 1/10 des halben
Tachowertes

400.-

2

3 Monate

Als Vorausfahrender ohne
zwingenden Grund stark gebremst

-

-

-

zum Einscheren nötigen
Abstand außerhalb geschlossener Ortschaften nicht eingehalten

-

-

-

Der Abstandsverstoß im Bußgeldverfahren

 

Ein Abstandsverstoß und damit ein bußgeldbescheidliches Fahrverhalten liegt dann vor, wenn die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend erfolgt.

 

Voraussetzung für die Messung eines solchen Vrstoßes ist im Regelfall, dass die Abstandsmessung von besonders geschulten Messbeamten durchgeführt wird, welche die Betriebsanleitung des Geräteherstellers beachten, wie auch die Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt.

 

Gestritten wird regelmässig darüber, was unter einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung zu verstehen ist, da nur dann der Bußgeldtatbestand erfüllt ist.

Dies wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

 

Eine nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung kann z.B. vorliegen, wenn das Vorderfahrezug plötzlich abbremst, oder ein unerwarteter Spurwechsel eines Drittfahrzeuges erfolgt.

 

Eine nicht ganz vorübergehende Unterschreitung des Sicherheitsabstandes wird im Regelfall dann angenommen, wenn dies auf einer Fahrstrecke von 250 - 300 Metern erfolgt ist. Weiter wird teils gefordert, dass die Unterschreitung länger als 3 Sekunden andauern muss.

 

Allerdings ist entscheident für einen Abstandsverstoß nicht nur die Messstrecke und die Dauer der Messung, sondern dass auch die Länge der Beobachtungsstrecke bis zum Beginn der Messstrecke mit einbezogen wird.

 

Das OLG Hamm (zfs 2015, 712) hat entscheiden, dass die 140 - 200 Meter, bzw. 3 Sekunden nicht den Gesetzestext wiedergeben, sondern eine einmalige, auch kurzfristige Abstandsunterschreitung tatbestandsmässig ist.

 

Im Rahmen der Verteidigung ist zwingend das Messvideo in Augensfhein zu nehmen, um dann Sondersituationen (Abbremsen, Spurwechsel, etc.) herausgefiltert werden können.

Verteidigung beim Abstandsverstoß

Verteidigung beim Abstandsverstoß

 

Prüfungsreihenfolge:

 

  1. Liegt ein Abstandsverstoß vor ?
  2. Ist die Unterschreitung vorwerfbar ?
  3. Liegt ein Grenzfall vor, der eine Einstellung nahelegt oder zumindest eine herabgesetzte Geldbuße ?
  4. Wie ist der Verstoß festgestellt worden ?
  5. Sind verwertbare Bilder/Videos vorhanden ?
  6. Im Fall eines standardisierten Messverfahrens: Ist das Messverfahren bezeichnet ? Ist es entsprechend der Bedienungsanleitung in geeichtem Zustand genutzt worden ? Sind die notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffenen worden und auch im schriftlichen Urteil enthalten ?
  7. Im Fall nicht standardisierter Mesverfahren: Ist die Art des jeweiligen Messverfahrens beschrieben ? Sind die tatsächlichen Grundlagen der Geschwindigkeitsfeststellung und Abstandsbestimmung dargestellt ? Ist das Messergebnis benannt (Geschwindigkeit und Abstand) ? Sind die Toleranzen genannt und richtig berücksichtigt ?
  8. Messungen durch Nachfahren/Vorausfahren - diese sind anhand nachfolgender Prüfungsreihenfolge abzuarbeiten:
  • Das Urteil muss erkennen lassen, aus wewlöcher Situation heraus die Schätzung stattgefunden hat (Vorausfahren oder Nachfahren).
  • Die individuellen Fähigkeiten des eingesetzten Polizei-/Messbeamten sind festzustellen (geübt/geschult ?).
  • Die Witterungssituation/Tageszeit ist dazulegen, damit gegebenenfalls erhöhte Darlegungsanforderungen bei Messungen zur Nachtzeit festgestellt werden können.
  • Die ununterbrochene Beobachtung der Abstandsstrecke und der Geschwindigkeit ist festzustellen (insbesondere schwierig bei alleinfahrenden Polizeibematen).
  • Die abgelesene Geschwindigkeit ist anzugeben; ferner sind erforderlich Angaben hinsichtlich der Eichung, bzw. Justierung des Tachometers des Polizeifahrzeugs (ohne Angaben ist von fehlender Eichung/Justierung auszugehen mit höheren Toleranzabzügen).
  • Ebenfalls sind die Messstrecke, der Abstand des zu messenden Fahrzeugs von der Abstandsstrecke und die Abstandsstrecke selbst (bei Nachfahren) bzw. die Messstrecke und der Abstand (bei Vorafahren) festzustellen.

 

Bei Fehlen einzelner tatsächlicher Feststellungen im tatricherlichen Urteil: Ist dies aufgrund eines Geständnisses hinzunhemen ?

 

Nachfolgend Aufsatz von Richter a.AG Dortmund Carsten Krumm (NJW 2016, 3642 ff) = Verteidigung bei Abstandsverstößen

Voraussetzung für einen Abstandsverstoß ist zunächst eine sanktionierte Abstandsunterschreitung.

 

Für LKW über 3,5 t und Omnibusse gilt nach § 4 III StVO, dass diese bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h einen Mindestabstand von 50 m einzuhalten haben.

Für PKW ergibt sich die Sanktion aus dem Bußgeldkatalog, wonach ein Abstand von einem "halben Tacho" zum Vordermann einzuhalten ist, somit bei einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h mindestens 50 m.

Vorwerfbarkeit des Verstoßes

 

Erste Voraussetzung für eine Ordnungswidrigkeit wegen Abstandsverstoßes ist zunächst, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur vorrübergehend erfolgt (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 4 StVo Rn. 15 m.w.N.).

Es müssen somit Feststellungen getroffen werden, dass der Abstand während des Messvorgangs keine wesentlichen Veränderungen durch Abbremsen oder Einscheren des vorausfahrenden Fahrzeugs erfahren hat.

Wird vom Gericht ein Abbremsen oder Einscheren ausgeschlossen, wird keine besondere zeitliche Länge der Abstandsunterschreitung mehr verlangt. Auch ein unter 100 m andauernder Abstandsverstoß kann so für die Feststellung der Vorwerfbarkeit genügen (OLG Hamm, Beschl.v. 22.12.14 -2 RBs 264/14- = BeckRS 2015, 02211).

Im Rahmen der Verteidigung muss versucht werden zu verdeutlichen, dass der Betroffene keinen konkreten Bezugspunkt zur Einschätzung des Abstandes zum Vordermann hatte. Dieses Argument wird jedoch von den Gerichten rglm. nicht akzeotiert.

Besonderheiten Abstandsverstoß LKW

 

Hier kann durchaus ein Grenzfall gegeben sein, wnn der LKW den Abstand bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h unterschritten hat und zeitgleich jedoch der für PKW geltende Sicherheitsabstand "halber Tacho" eingehalten wurde.

Hier sollte die Geldbuße rglm. auf € 60,- reduziert werden (AG Lüdinghausen NZV 2013, 203), somit fallen keine Flensburger Punkte an, oder das Verfahren ganz eingestellt nach § 47 OWiG !

Konkreter Vorwurf im Bußgeldbescheid

 

Fehlt die ausreichende Tatkonkretisierung im Bußgeldbescheid, ist das Verfahren nach § 206a StPO i.V.m. § 46 OWiG einzustellen.

Dies gilt bei zu pauschalen oder schwammigen Tatbezeichnungen.

 

Ob diese Konkretisierung nur hinsichtlich der allgemeinen Angaben im Bußgeldbescheid (Tatzeit, Tatort, etc.) gilt, oder auch für den Abstandsversto´ß selbst ist obergerichtlich noch nicht entschieden.

Zumindest für den LKW-Abstandsverstoß gem. § 4 III StVO genügt es für die Tatkonretisierung im Bußgeldbescheid, wenn zur Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit und zu der Abstandsstrecke der Wortlaut der passenden Tatbestandsnummer einkopiert ist (AG Lüdinghausen, NZV 2013, 355). Es mögen genauere Angaben wünschenswert sein, diese sind jedoch nicht zwingend notwendig für eine Verurteilung.

Problem Notstand, z.B. wg anderer Drängler

 

Zunächst nützt es einem Betroffenen nichts, wenn er infolge eigener Bedrängung durch einen "Drängler" von hinten ebenfalls auf den Vordermann dichter als erlaubt auffahrt (OLG Bamberg Beschl.v. 18.03.2009 -3 Ss OWi 169/09- BeckRS 2009, 20390).

Demgemäß ist auch eine Notstandsrechtfertigung nach § 16 OWiG auszuschließen (OLG Bamberg NJW 2015, 1320).

Hier kommt es allerdings auf die besondere Situation des Einzelfalls an. Unter Darlegung der besonderen Situation kann von einem Gericht durchaus auf Notstand erkannt werden.

Das standardisierte Abstandsmessverfahren

 

Momentan gibt es drei Messverfahren, welche gem. der Rechtsprechung des BGH (NJW 1993,3081) im Bereic h der Abstandsmessung als standardisierte Messverfahren anerkannt sind:

 

  • das VAMA-Verfahren (Messtoleranzangabe ist hier nicht nötig, da im System enthalten),
  • das Verkehrskontrollsystem "VKS 3.0" und
  • das System ViBrAM-BAMAS. Entsprechendes dürfte dem Grunde nach auch für das "einfache" ViBrAM-System gelten.

 

Die Einstufung des Messsystems als standardisiertes Messsystem ist für den Tatrichter insoweit relevant, als dass er im Urteil ganz bestimmte Feststellungen zu treffen hat, welche letztlich ausschlaggebend für die Rechtmässigkeit des Urteils sind.

Wird unter Zugrundelegung eines standardisierten Messverfahrens verurteilt, ist dieses im Urteil zu bezeichnen, ferner das Messergebnis und die Messtoleranz, mehr muss der Tatrichter hierzu dann nicht mehr ausführen. Eine Verteidigung bei einen standardiserten Messverfahren ist in diesem Punkt somit erheblich schwieriger !

Näheres hierzu: Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, StVR, 24. Aufl. 2016, § 3 StVO Rn. 85

 

Für den Verteidiger heißt das, dass mögliche Zweifel an der Richtigkeit der Abstandsmessung in der hauptverhandlung von ihm konkret und deutlich angesprochen werden müssen und das möglichst schriftlich (idR in Form eines Beweisantrags), damit der Richter sich damit in der Verhandlung und vor allem auch in seinem Urteil auseinander setzen muss.

Zweifel an der Zulässigkeit der Messung müssen in der Rechtsbeschwerde (Quasi-Berufung im OWiG-Verfahren) mit der Verfahrensrüge weiterverfolgt und zuvor natürlich im Rahmen der hauptverhandlung geltend gemacht werden.

Das nicht standardisierte Messverfahren bei Abstandsmessung

 

Damit sind alle anderen Messverfahren, insbesondere die auf Fotobasis messenden Brückenabstandsmessverfahren oder auch die geeichten Videonachfahrsysteme die "nicht standardisierten Messsysteme zur Abstandsmessung.

Bei diesen Abstandsmessungen muss der Tatrichter in seinem Urteil stets mitteilen, mit welchem Verfahren Abstand und Geschwindigkeit gemessen wurden. Außerdem müssen die tatsächlichen Grundlagen der Geschwindigkeitsfeststellung mitgeteilt werden und es bedarf zudem noch der Darlegung der nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung und des Grundes für die Unterschreitung.

Sodann müssen wie auch beim standardisierten Messverfahren das Messergebnis (Geschwindigkeit und Abstand) und der zu berücksichtigende Sicherheitsabschlag (Toleranz) dargestellt werden.

Die Abstandsschätzung ochne technisches Gerät

 

Eine solche Abstandsschätzung passiert regelmässig durch Beobachtung eines voraussfahrenden oder nachfahrenden Polizeifahrzeuges.

Aufgrund der Vielzahl von Fehlerquellen und Unsicherheiten in diesem Bereich neben den auch beim nicht standardisierten Messverfahren vorhandsenen Fehlerquellen, sind hier weitere verfahrenstypische tatsächliche Feststellungen nötig, also die konkrete Beobachtungssituation, die individuellen Fähigkeiten des eingesetzten Polizeibeamten spielen eine Rolle, wie auch die Witterungssituation und Tageszeit, ferner die ununterbrochene Beobachtung der Abstandsstrecke und die Geschwindigkeit zur abgelesenen Geschwindigkeit. Relevant hier ist auch die Eichung, bzw. Justierung des Tachometers des nachfahrenden Polizeiautos,  die Messstrecke, der Abstand zum gemessenen Fahrzeug des Betroffenen, etc. (hierzu auch in Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn 531 ff.)

In der Regel sind für eine solche Messung geübte und erfahrene Polizeibematen nötig, welche den Abstand durch Beobachtung der beteiligten Fahrzeuge über eine hinreichend lange Strecke einschätzen können - sie müssen hierzu in nicht zu großer Entfernung schräg versetzt hinter dem voraussfahrenden Fahrzeug fahren (OLG Hamm, DAR 2006, 338 = BeckRS 2006, 03031). Schätzhilfen (z.B. Länge der Leitlinienmarkierungen) sind dann nicht erfordeerlich, aber hilfreich (OLG Hamm, DAR 2006, 338 = BeckRS 206, 03031).

 

Kommt es im Bereich der Abstandsschätzung zu Unregelmässigkeiten (z.B. bei Feststellungen im Bereich des Nachfahrens wurde mit zu großem Abstand gefahren), so ist es Sache des Tatrichters, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Entscheidung über die Verwertbarkeit der Messung und ggf. höhere Sicherheitsabschläge im Rahmen der Beweiswürdigung zu treffen.

Wird die Messung zur Nachtzeit durchgeführt, so ist sie naturgemäß wegen der Lichtverhältnisse anfälliger, was ihre ZUverlässigkeit angeht, da bei einer Messung durch Nach- oder Vorausfahren stets die tatsächliche Möglichkeit einer zuverlässigen Bepbachtung im Mittelpunkt der zu treffenden Feststellungen steht. Es ist also zu klären, ob tatsächlich aufgrund widriger Sicht- und/oder Witterungsverhältnisse hinsichtlich des Abstands und der Geschwindgkeit hinreichend sichere Aussagen getroffenen werden können.

Das Geständnis beim Abstandsverstoß

 

Wird vom Betroffenen zunächst ein Geständnis abgegeben, so kann dieses der Tatrichter dazu führen, dass die Anforderungen an die sonstigen Feststellungen im Urteil geringer sind. Das Geständnis muss jedoch uneingeschränkt und glaubhaft sein (Krumm NZV 2004, 377 (381)).

Verwertbarkeit von Videoaufnahmen - Datenschutz

 

Die Verwertung von Messfoto und Messvideo wird heute i.d.R. auf § 100h StPO i.V.m. § 46 OWiG gestützt. Dies wird seitens des BVerfG als unbedenklich angesehen (BVrfG NJW 2010, 2717 für Messfotos; DAR 2010, 574 = BeckRS 2010, 52520 für Messvideos).

Nur dann, wenn ein ansatzloses "Dauerfilmen" stattfindet, das Fahrer identifizierbar macht, wird eine gesetzliche Grundlage hierfür nicht mehr in § 100h StPO zu sehen sein.

Fahrverbot bei Abstandsmessung

 

Bei eklatanten Verstößen gegen den einzuhaltenden Sicherheitsabstand drohen nach § 4 I Nr.2 BKatV i.V.m. § 35 StVG Fahrverbote. Nachdem das Fahrverbot jedoch zum einen reine Nebenfolge bei Erfüllung des Bußgeldtatbestandes ist, zum anderen immer zunächst fahrlässige Begehungsweise zugrunde glegt wird, sind die Chancen des Verteidigers das Fahrverbot in Wegfall zu bringen alleine wegen Unachtsamkeit, Mitverschulden Dritter an sich aussichtslos.

Hier muss der Verteidiger sich auf das Vorhandensein besonderer Härten bei Fahrverbot für den Betroffenen nach den allgemeinen Regeln konzentrieren.

Voraussetzungen eines Abstandsverstoßes im Bußgeldverfahren

Voraussetzungen eines Abstandsverstoßes

 

OLG Karlsruhe Beschl.v. 08.04.2016 -3 (4) SsBs 121/16- AK 53/16- = zfs 2016, 531

  1. Bei dem Abstandsmessverfahren VKS (Verkehrskotrollsystem) der Herstellerfirma Vidit Systems GmbH hande4lt es sich um ein standartisiertes Messverfahren. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt - ebenso wie die Berücksichtigung eines Toleranzabzugs für etwaige systemimmanenten Messfehler - gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalls freizustellen.
  2. Allgemein ist Voraussetzung für die Aburteilung eines Abstandsverstoßes, dass eine nur ganz vorübergehende Unterschreitung des zulässigen Abstands ausgeschlossen werden kann. Dieses Postulat hat keinen Selbstzweck, sondern soll gewährleisten, dass der Verstoß auch vorwerfbar begangen wurde, was etwa bei einem plötzlichen Abbremsen oder einem unerwarteten Spurwechsel durch den Voraussfahrenden fraglich sein könnte.

Abstandsmessgerät VAMA im Bußgeldverfahren

Abstandsmessgerät VAMA

 

AG Lüdinghausen NZV 2008,109

Das VMA-Messverfahren stellt nach heutigem Kenntnisstand immer noch ein standardisiertes Messverfahren dar, von dessen Messergebnis, jedenfalls bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h kein Sicherheitsabschlag vorzunehmen ist.

Der Umstand, dass der Charaktergenerator entgegen der PTB-Zulassung keine interne Uhr aufweist, hat für das Messergebnis keine Relevanz. Bei Verwendung der in Euroa üblichen AL-Videokameras stellt der Charakter-Generator im Zusammenspiel mit diesen vielmehr eine solche Uhr dar, welche nach aktuellen Untersuchungen der PTB die gesetzlichen Fehlergrenzen einhält.

Abstandsmessgerät VAMA (JVC/Piller) im Bußgeldverfahren

Abstandsmessgerät VAMA (JVC/Piller)

 

OLG Bamberg DAR 2008, 98

AG Freising 10.09.2007 -18 Js 7504/7- juris:

Die in Bayern häufig eingesetzte Variante des VAMA-Systems "JVC/Piller" - eine Brückenkamera" und eine Kamera auf dem Mittelstreifen zur Frontfotografie- stellt wegen einer Abweichung von der PTB-Zulassung zwar kein standardisiertes Messverfahren dar, liefert aber -wie ein SV-Gutachten ergeben hat- trotzdem "hochgenaue" zuverlässige Ergebnisse, sofern -wie in Deutschland üblich- PAL-Videokameras zum Einsatz kommen.

Abstandsmessgerät Dista-4 im Bußgeldverfahren

Abstandsmessgerät Dista-4

 

OLG Thüringen v. 31.07.2008 -1 Ss 103/08- juris:

Das Brückenmessverfahren "Dista-4" stellt kein standardisiertes Messverfahren dar, wenn eine Kamera verwendet wird, die nicht der Bauartzulassung der PTB entspricht. Dennoch sind die Messergebnisse grundsätzlich verwertbar.

Abstandsmessgerät Provida im Bußgeldverfahren

Abstandsmessgerät Provida

 

OLG Hamm DAR 2009, 256

Provida ist insoweit, anders als bei der Geschwindigkeitsmessung, kein standardisiertes Messverfahren. Das konkrete Urteil litt unter dem Mangel, dass nicht lückenlos nachvollziehbar dargelegt wurde, wie das Amtsgericht zu dem, dem Betroffenen zur Last gelegten konkreten Abstand von 13,33 m gelangt ist.  Zwar wurden diverse Einzelposten wie z.B. die Länge der Fahrstrecke, die gemessene Geschwindigkeit oder der Zählerabstand des Videobandes mitgeteilt. Aber: "Die Berechnungsgrundlage, aus der sich anhand der mitgeteilten Parameter der festgestellte Abstand von 13,33 m ergibt, wird hingegen nicht mitgeteilt."

Abstandsmessung Vorausfahren vor Polizeifahrzeug

Abstandsmessung Vorausfahren vor Polizeifahrzeug

 

AG Lüdinghausen NZV 2009, 159

Eine zuverlässige Abstandsmessung aus einem vorausfahrenden Fahrzeug durch nur einen Polizeibeamten, welcher gleichzeitig den fließenden Verkehr und den nachfolgenden Verkehr sowie den Tachometerabstand  und die Kilometeranzeigen am Fahrbahnrand beobachten muss, überschreitet auch bei erfahrenen Bematen die Grenzen der menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten und ist daher nicht möglich.

Einem späteren Nachstellen des Abstands zwischen zwei Fahrzeugen auf einen Autobahnparkplatz kommt keinerlei Beweiskraft zu.

Hinweis:
Die Urheber der Texte auf dieser Website ist Rechtsanwalt Tilo Neuner-Jehle, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Stuttgart. Sie dürfen die von mir erstellten Texte vollständig, auszugsweise oder sinngemäß zitieren. Ich muss Sie jedoch bitten, sich vorher entweder meine schriftliche Genehmigung dazu einzuholen oder ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ich Urheber des Textes bin (Quellenangabe nach § 63 UrhG). Die Erstellung der Texte erfordert aktuelles Fachwissen, Kreativität und Zeit. Ich bitte Sie, dies zu respektieren. Sollten Sie meine Texte auszugsweise auch im Internet veröffentlichen, bitte ich um eine Rückverlinkung.